Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Unfallversicherung auf der Grundlage der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 2008) abgeschlossen. Für den Fall eines bedingungsgemäßen Unfalles wurde unter anderem die Zahlung eines Unfalltagegeldes vereinbart.
Nachdem der Kläger sich am 04.11.2016 eine Fingerverletzung zugezogen hatte, verschrieb ihm der behandelnde Facharzt wegen eines andauernden Bewegungsdefizits "10 x Krankengymnastik". Ein ärztlicher Folge- oder Kontrolltermin wurde nicht vereinbart.
Die Beklagte zahlte dem Kläger für die Dauer der ärztlichen Behandlung bis zum 16.06.2016 das vereinbarte Tagegeld. Denn in einer Stellungnahme gegenüber der Beklagten hatte der Arzt bestätigt, dass die Behandlung an diesem Tag abgeschlossen worden sei.
Wegen anhaltender Beschwerden suchte der Kläger den Arzt am 01.02.2017 jedoch wieder auf. Der verschrieb ihm erneut zehn krankengymnastische Behandlungen. Der Kläger verlangte sodann die Zahlung eines weiteren Tagegeldes für den Zeitraum vom 17.06.2016 bis zur erneuten Vorstellung bei seinem Arzt am 01.02.2017 in Höhe von 5.645 EUR.
Die Beklagte vertrat die Auffassung, dass ihre Leistungspflicht am 16.06.2016 geendet habe. Denn der Anspruch auf Zahlung eines Tagegeldes bestehe bedingungsgemäß nur für die Dauer der ärztlichen Behandlung und diese sei nach Angaben des Arztes am 16. Juni abgeschlossen gewesen. Daran ändere auch nichts, dass der Arzt später erneut zehn Mal Krankengymnastik verschrieben habe.
Der BGH gab dem Kläger mit folgender Begründung und Auslegung der Ziffer 2.5 der AUB 2008 Recht:
Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer werde die Dauer von der ärztlichen Fürsorge und Verantwortung umfasster Behandlungsmaßnahmen regelmäßig als Teil der ärztlichen Behandlung ansehen. Das gelte unabhängig davon, ob die Maßnahmen möglicherweise nach dem letzten Arztbesuch erfolgen oder ob Dritte, wie zum Beispiel Physiotherapeuten, bei ihrer Durchführung tätig werden.
Dagegen werde es der Versicherungsnehmer als von Zufällen des Einzelfalles abhängig und deshalb unerheblich ansehen, ob nach der Einnahme des verschriebenen Medikamentes oder nach Durchführung der verordneten Therapie ein weiterer Arztbesuch zur Erfolgskontrolle stattfinde, bei dem der Arzt den Versicherten ausdrücklich aus seiner Fürsorge entlasse, oder ob die verordnete Behandlung ohne einen solchen Kontrollbesuch ende.
Der erkennbare Zweck der Zahlung eines Unfalltagegeldes liegt nach Auffassung des BGH darin, dass die versicherte Person unfallbedingt in ihrer Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt ist und sich in ärztlicher Behandlung befindet. Davon sei im Fall des Klägers auszugehen.
Im Übrigen müsse ein Versicherter gemäß den AVB die Anordnungen des behandelnden Arztes befolgen, da andernfalls der Versicherungsschutz entfallen oder die Leistung gekürzt werden könne.
Zu derartigen Anordnungen zählt ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer laut BGH auch Maßnahmen, die er nach dem letzten Arztbesuch befolgen soll. Der Anspruch auf Zahlung von Tagegeld endet folglich nicht mit der letzten Vorstellung des Versicherten bei seinem Arzt. Er umfasst vielmehr auch die Dauer einer von diesem angeordneten Behandlungsmaßnahme, der sich der Versicherte tatsächlich unterzieht.
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