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Recht 
Donnerstag, 25.02.2021

Krankenhausbehandlungsvertrag: Wenn Patient die Mitwirkung an einer Testung auf SARS-CoV-2 verweigert

Der Fall:

Die privatversicherte Beschwerdeführerin begehrte im Wege der einstweiligen Verfügung, der Beschwerdegegnerin (Trägerin eines Krankenhauses) aufzugeben, mit ihr einen Behandlungsvertrag zur Abklärung und gegebenenfalls notwendigen Therapie der Diagnose "unklare Raumforderung linken Niere mit rezidivierenden Schmerzen in linken Flanke; in 33. Schwangerschaftswoche" einzugehen, ohne von ihr die Mitwirkung bzw. die Hinnahme einer körperlichen Untersuchung zur Feststellung einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 oder einer Erkrankung an COVID-19 zu verlangen.

Die Beschwerdeführerin, die sich im Zeitpunkt der Antragstellung in der 33. Schwangerschaftswoche befand, hatte sich wegen starker Schmerzen in der linken Niere in die Notaufnahme eines Klinikums bringen lassen. Die dortige Behandlerin empfahl die dringende urologische Abklärung. Die Beschwerdeführerin wurde daraufhin in ein Knappschaftskrankenhaus, dessen Trägerin die Beschwerdegegnerin war, gebracht.

Die Behandler teilten der Beschwerdeführerin mit, dass sie zur weiteren Aufklärung und ggf. zur Therapie stationär aufgenommen werden solle. Sie wurde aufgefordert, sich einer körperlichen Untersuchung zur Feststellung einer Infektion mit dem SARS-CoV-2 oder einer Erkrankung an COVID-19 zu unterziehen. Da sie den Test verweigerte, musste die Beschwerdeführerin die Einrichtung verlassen.

Die Beschwerdeführerin war der Auffassung, dass die Beschwerdegegnerin die Aufnahme bzw. die Behandlung nicht verweigern könne. Dass sie den Test verweigere, sei zulässig. Es fehle an einer Anspruchsgrundlage. Der Test sei auch nicht wirksam. Die verwendeten Testkits seien nicht in der Lage, eine Infektion festzustellen.

Die Entscheidung:

Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Verfügung durch das Amtsgericht wies das Landgericht als unbegründet zurück. Nach Meinung der Richter bestand kein Anspruch auf Abschluss eines Behandlungsvertrages bzw. auf Fortsetzung der begonnen Behandlung.

Zwar folgt ein grundsätzlicher Kontrahierungszwang und die damit einhergehende allgemeine Aufnahme- und Behandlungspflicht aus ihrer Einbindung in ein öffentlich-rechtliches Planungs- und Finanzierungssystem im Rahmen ihrer planerischen Aufgabenstellung und Leistungsfähigkeit, sofern bei einem Patienten Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit besteht. Dies gilt auch unabhängig vom Versichertenstatus des Patienten.

Indes gilt die Aufnahmepflicht bzw. besteht ein Kontrahierungszwang nicht unbeschränkt. Dies folgt bereits aus den gesetzlichen Grundlagen (§§ 630b, 626 Absatz 1 BGB). So sind Behandlungsverträge aus wichtigem Grund unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und der beiderseitigen Interessen jederzeit fristlos kündbar. Für die Phase der Vertragsanbahnung bedeutet dies, dass für den Fall, dass bereits vor Vortragsschluss ein Recht zur Kündigung bestünde, der Vertrag schon nicht geschlossen werden muss.

Vorliegend bestand ein wichtiger Grund, weil sich die Beschwerdeführerin geweigert hatte, an Maßnahmen zur Testung auf SARS-CoV-2 oder einer Erkrankung an COVID-19 mitzuwirken.

Das Verlangen der Beschwerdegegnerin stellte sich auch nicht als willkürlich oder gar sittenwidrig dar. Die abverlangte Testung verfolgt - so das Gericht - in jeder Hinsicht nachvollziehbare und begründete Motive. Sie dient dem Schutz der Mitpatienten und der Mitarbeiter der Beschwerdegegnerin vor einer möglichen Infektion und zur Aufrechterhaltung des Krankenhausbetriebes.

Diese besondere Schutzplicht wurde der Beschwerdegegnerin im Übrigen auch aufgrund der derzeit geltenden öffentlichen Vorschriften, so z.B. der des IfSG und der darauf basierenden Vorschriften, wie der CoronaSchutzVO NRW, auferlegt. Nach § 5 Abs. 1 CoronaSchutzVO haben Krankenhäuser nämlich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Eintrag von Coronaviren zu erschweren und Patienten, Bewohner und Personal zu schützen. Hierbei sind insbesondere die Richtlinien und Empfehlungen des RKI zu beachten. Dazu gehört auch die Testung von Personal und Patienten, um wiederum andere in der Einrichtung tätige oder zu behandelnde Personen vor der Übertragung zu schützen.

Dieses Vorgehen verfolgt zudem den übergeordneten Zweck, zu Zeiten der Pandemie die Zahl der Erkrankten möglichst niedrig zu halten, um die vorhandenen Behandlungskapazitäten aufrechtzuerhalten und nicht gänzlich auszuschöpfen.

Nach den einschlägigen Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes (vgl. § 4 IfSG) und der CoronaSchutzVO NRW ist das Robert-Koch-Institut die maßgebliche Institution zur Beurteilung der entsprechenden medizinischen Fragestellungen. Die PCR-Testung ist durch das RKI anerkannt und empfohlen.

Dass die Beschwerdegegnerin einen solchen Test verlangen konnte, ergab sich aus §§ 630 a, 241 Abs. 2 BGB bei bestehendem Behandlungsvertrag und vor dessen Abschluss aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB.

Auch in Abwägung der beiderseitigen Interessen stellte sich das Verhalten der Beschwerdeführerin als so schwerwiegend dar, dass von der Beschwerdegegnerin weder eine Aufnahme/noch eine Fortsetzung des Behandlungsvertrages verlangt werden konnte. Und auch unter Berücksichtigung der Interessen der Beschwerdeführerin an ihrer Gesundheit und die ihres ungeborenen Kindes bestand zu Zeiten der Pandemie eine Pflicht zur Aufnahme ohne Test nicht bei jeder denkbar möglichen Behandlungsbedürftigkeit, sondern nur bei unmittelbar bestehender Lebensgefahr. Ein solcher Zustand lag aber offensichtlich nicht vor und war auch nicht glaubhaft gemacht worden.

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