Der Kläger war mit seinem Rad auf einer Straße stadtauswärts unterwegs. Der Beklagte kam mit seinem Fahrrad aus der Einfahrt des dort befindlichen Häuserblocks. Er fuhr langsam und unsicher.
Der Kläger fuhr eine kurze Strecke hinter dem Beklagten her und setze dann zum Überholen an. Weil der Beklagte in diesem Moment mit seinem Fahrrad erheblich nach links ausschwenkte, kam es zu einer Kollision. Der Kläger fiel zu Boden, seine Schulter war verrenkt und eine Sehne wurde abgerissen. Er musste zwei Tage im Krankenhaus behandelt werden und war eine Woche krankgeschrieben. Es folgte eine längere Physiotherapie.
Der Beklagte meinte, der Kläger hätte nicht überholen dürfen, weil er den erforderlichen Sicherheitsabstand von 1,5 bis 2 m zu dem Beklagten nicht habe einhalten können.
Das OLG gab der Klage mit folgender Begründung teilweise statt:
Ein Überholen setzt nicht generell einen Sicherheitsabstand von 1,5 bis 2 m voraus. Denn dies würde bedeuten, dass Fahrradfahrer sich fast im gesamten Stadtgebiet nicht überholen dürften. Es kommt vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles an.
Im konkreten Fall wies der Radweg eine ausreichende Breite zum Überholen aus, zumal der Radweg nur optisch von dem breiten Fußweg abgegrenzt war. Der Beklagte hatte laut OLG durch seinen Linksschwenk gegen das Gebot der Rücksichtnahme (§ 1 StVO) verstoßen, nach dem sich jeder Verkehrsteilnehmer so verhalten muss, dass kein anderer gefährdet oder behindert wird.
Dem Kläger wies das OLG aber ein Mitverschulden von 50 % zu, weil er hätte erkennen können, dass der Beklagte unsicher fuhr.
Im Ergebnis musste der Beklagte dem Kläger ein Schmerzensgeld von 3.500 EUR zahlen sowie die Hälfte seines Sachschadens (Fahrten zur Physiotherapie, beschädigte Kleidung) ersetzen.
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